Das Wetter ist so schön hier bei uns, also dachte ich, dass man es riskieren könnte, über ein paar besorgniserregende Dinge zu schreiben wie die Auswirkungen des Klimawandels, über Schwindler, die uns betrügen wollen, und warum Wein bald (noch) mehr kostet. Aber keine Sorge, es gibt auch einige positive Dinge, also nicht unterkriegen lassen von der neuesten Ausgabe des JollyCellarMaster Weekly:
Schlimmer als Phylloxera, Krumme Touren und Höhere Kosten
Verbrechen und Strafe
Vor einigen Wochen sprachen wir über die Vorwürfe gegen die Eigentümer von Château Angélus und Château Trotte Vieille in Bezug auf angebliche Manipulationen des Zugangs zum Klassifikationssystem St. Emilions und die Platzierungen der beiden darin. Der Vorwurf ist, dass es dabei natürlich nicht nur darum ging, ihren Ruf als solchen zu verbessern, sondern höchstwahrscheinlich als direkte Folge den Preis ihrer Weine in die Höhe zu treiben. Der erste der beiden Angeklagten, Hubert de Boüard von Chateau Angelus, wurde am Montag für sein Handeln im Rahmen der Saint-Emilion-Klassifizierung 2012 wegen Begünstigung für schuldig befunden. Als wir vor ein paar Wochen darüber sprachen, versprach ich eine Fortsetzung der Geschichte: also genau das, was dieses Urteil, dass den Fall damit auch abschließt- zumindest fürs Erste; gleichzeitig ging es auch um eine Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahre Gefängnis – letztlich aber kam dabei eine Geldstrafe von 60.000 € heraus – eine beträchtliche Summe für die meisten von uns, aber ziemlich unbedeutend im Vergleich zum einem zu dem, was ihm drohte. Vor allem aber, wenn man bedenkt, dass die Geldstrafe gleichbedeutend mit dem Preis von 20 Kisten Angelus ist oder im Hinblick auf die 500.000 und 3 Millionen Euro pro Jahr, die de Boüard angeblich verdient. Noch besser erging es Philippe Castéja, dem angeklagten Eigentümer, der freigesprochen wurde. Soviel dazu.
Apropos Strafverfahren, auch jenseits der Pyrenäen gab es einen interessanten Fall.
Letzte Woche veröffentlichten die drei Regulierungsbehörden, die für die geschützten Herkunftsbezeichnungen Priorat, Montsant und Terra Alta zuständig sind, eine Erklärung zu einer Untersuchung wegen Weinbetrugs und der Klage, die sie aufgrund dessen eingereicht hatten. Das Consejo Regulador einer Denominacion de Origen wacht über die Weinqualität und die Einhaltung der Regeln durch die Erzeuger und den Schutz der gesetzlich registrierten Marken. Genau diese Elemente stünden auch im Zentrum der Klage.
Hintergrund ist eine Polizeiaktion in der Region Katalonien vor zwei Wochen: Die katalanische Polizei betrat das Gelände des Weinunternehmens Reserva de la Tierra SL in les Borges del Camp, nachdem die drei DOs über Unregelmäßigkeiten festgestellt hatten. Es scheint, dass alle drei Aufsichtsstellen darauf aufmerksam geworden waren, dass mit Weinen aus dem Jahren 2019 und 2020 etwas nicht stimmte; erst durch gemeinsames Vorgehen wurde aber der ganze Umfang der Verstöße offenkundig. Die unsachgemäß zertifizierten Weine des Unternehmens konnten dabei bis in die USA und China nachverfolgt werden. Insgesamt wurden 14 Weine aus verschiedenen Jahrgängen als falsch etikettiert aufgeführt, weitere werden derweil untersucht.
Apropos Kontrollen, wenn auch in regulärem Umfang: ich dachte, es wäre interessant, auf einen Artikel über die Kontrollen in der Moselregion hinzuweisen, der eine Vorstellung davon vermittelt, wie der normale Ablauf der behördlichen Inspektionen funktioniert. Der Jahresbericht des Landesüberprüfungsamtes gibt Auskunft darüber, dass ihre Kontrolleure im letzten Jahr 321 Proben beanstandet haben, die nicht im Einklang mit den Vorgaben waren. In den meisten Fällen wurden Verstöße gegen die Kennzeichnungsvorschriften festgestellt, in 63 Fällen erfolgte die Ablehnung aufgrund von Werten, die die zulässigen Grenzwerte überschritten. Beispielsweise bezogen sich 17 Fälle auf zu wenig oder zu viel Alkohol; in drei Fällen wurde zu viel Schwefel verwendet. Im Großen und Ganzen entspricht es aber den durchschnittlichen Ergebnissen der Vorjahre. Gleichzeitig gibt es auch einen Einblick in die Arbeit der Abteilung, da aufgrund der Covid-Pandemie nur 4.431 Kontrollbesuche durchgeführt wurden, gleichbedeutend mit 14% weniger als im Vorjahr.
Die Auswirkungen der Inflation
Bewegen wir uns aber weg von der dunklen Seite des Weinsektors, verweilen aber dennoch in der leicht negativen Grundstimmung, indem wir uns einer Nachricht zuwenden, die wir alle schon erwartet hatten, nämlich jener, dass die steigende Inflation auch vor Weinpreisen nicht halten machen wird bzw. diese bereits erreicht hat. Für die meisten von uns ist dies sicherlich weniger überraschend, aber manchmal hilft es, eine Schlagzeile mit einem Beispiel zu verbinden, um die Botschaft zu vermitteln. Laut der Wine and Spirit Trade Association (WSTA) wird beispielsweise der britische Weihnachtseinkauf von Wein und Spirituosen so teuer wie nie zuvor sein. Wenn morgen der Haushaltsplan der Regierung veröffentlicht wird, geht es auch um eine mögliche Erhöhung der Alkoholsteuer. Im Vorfeld wurden bereits verschiedentlich Forderungen an die Regierung laut, von eben solche Erhöhungen zum jetztigen Zeitpunkt abzusehen, aber es bleibt fraglich, wie erfolgreich solche Forderungen sein werden. Aktuell werden für eine durchschnittliche Flasche Stillwein 55% oder 3,20 £ erhoben plus Mehrwertsteuer. Da sich die britischen Verbraucher zu Weihnachten bereits auf Engpässe und Preiserhöhungen einstellen müssen – siehe die kürzlichen Spritengpässe – würde eine Steuererhöhung den Geldbeutel der Briten weiter belasten.
Auch in Ländern ohne drohende Steuererhöhung wird Wein aber teurer werden, wie dies bei den meisten Nahrungsmitteln und Getränken ohnehin bereits der Fall ist. In meinem Teil der Welt warnten Händler bereits davor, dass die steigenden Kosten für Energie, Material und Ressourcen sowie der fortschreitender Personalmangel dazu führen würden, diese Preissteigerungen an die Verbraucher weiterzugeben. Als Beispiel zeigt der Artikel, dass bestimmte Verpackungsmaterialien zur Zeit 30-40% mehr kosten als im Vorjahr. Gleichzeitig haben viele landwirtschaftliche Roherzeugnisse wie Weizen bereits Rekordpreise erreicht.
Und was sonst noch geschah
Und er Vollständigkeit halber gibt es zum Abschluss noch ein paar weitere lesenswerte Neuigkeiten und nach die Ernte auf der Nordhalbkugel größtenteils abgeschlossen ist, ist es Zeit, Bilanz zu ziehen und zu analysieren, was uns das Jahr in den Weinbergen beschert hat.
Wir haben zum Beispiel schon ein paar Mal über die teils verheerenden Vorfälle in Frankreich gesprochen; auch Deutschland und insbesondere das Ahrtal sind von der Natur stark gebeutelt worden. Anderswo in Deutschland hat aber beispielsweise die Region Franken ein besseres Jahr zu vermelden, was nach der schlechten Ernte von 2020 eine willkommene Nachricht ist, auch wenn vereinzelt durch falschen Mehltau zu einer geringeren Menge als im Durchschnitt zu gekommen ist. Auch hier sollten die Preise aufgrund der oben bereits diskutierten Inflationseffekte leicht steigen, vor allem aufgrund teurere Kartonagen und Etiketten. Insgesamt verzeichneten die Erzeuger der Region 48 Millionen Liter Most gegenüber dem Allzeittief von nur 27 Millionen Litern im Vorjahr. Auf der anderen Seite der Alpen wurde es für die Winzer in meiner Wahlheimat Südtirol nach einer ersten Hälfte, die aufgrund von Hagel, Frost und mehr Regen als üblich nichts Gutes verheißen lies, ein letztlich sehr gutes Jahr mit hohem Zucker- und Säuregehalt. Auf das Resultat im Glas darf man also gespannt sein.
Wer die Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinsektor trotz eines Jahres voller extremer Wetterereignisse und daraus resultierender Schäden an der Ernte immer noch nicht verinnerlicht hat, dem könnte ein Vergleich von Miguel Torres aus der Familia Torres hilfreich sein. Er verglich letzte Woche den Klimawandel auf der Konferenz der International Wineries Climate Action (IWCA) mit der Reblaus, dem Schädling, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert europäische Weinberge verwüstete. Von einem Klimanotstand und nicht nur vom Klimawandel sprechend, sagte Torres, dass seine Auswirkungen auf den Weinbau schlimmer sein würden als die Phylloxera.
Und schließlich wurde Dijon von den Mitgliedstaaten der OIV als Standort ihres neuen Hauptsitzes bestätigt. In einer Pressemitteilung der OIV heißt es, dass die Einrichtung des Sekretariats der Organisation in der burgundischen Hauptstadt für September 2022 geplant ist. Gleichzeitig beginnt die Stadt mit der Renovierung des Hotels Bouchu d’Esterno, in dem sich die neue Zentrale befinden wird. Dijon wurde Bordeaux und Reims vorgezogen, die ebenfalls interessiert waren, den Hauptsitz der OIV zu beherbergen, und die Generalversammlung bestätigte nun ebendiesen Vorschlag Frankreichs.
Um aber zu einem wirklich positive Abschluss zu kommen und die Stimmung wieder ein bisschen aufzuhellen, verweise ich schließlich auf die neueste Episode des JollyCellarMaster-Podcasts. Dieses Mal habe ich mit Jeanene Kennedy von Winederlust gesprochen. Dabei ging es um die Weine Australiens, wie man Weingüter auch mit Kindern besuchen kann, und natürliche hat sie mir auch noch einige gute Ratschläge mitgegeben für meinen nächsten Besuch Down Under. Zur Podcast-Folge geht es hier.
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Das wäre es dann auch schon für diese Woche, aber natürlich freue ich mich immer, von anderen interessanten Geschichten zu lesen, über Wein zu quatschen und zu hören, wer mein nächster Gast im Podcast sein sollte. Also einfach ein paar Zeilen schicken oder mich auf Twitter kontaktieren. Und wer gerne immer auf dem Laufenden bleiben möchte, sollte sich unbedingt für den JollyCellarMaster Newsletter anmelden.
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