Der Preis des Krieges für den Weinsektor

Im Krieg gibt es keine Gewinner, sondern alle sind Verlierer, ganz gleich, welche Seite sich zum Sieger erklären mag. Das sind nicht meine Worte, sondern die Neville Chamberlains, britischer Premierminister vor und zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Als Antwort auf Hitlers Aggression versuchte er durch eine Politik der Konzessionen und Beschwichtigungen zu begegnen. Der JollyCellarMaster ist nicht der richtige Ort, um über Außen- und Sicherhietspolitik zu sprechen, aber wir dürfen nicht, dass der aktuelle Konflikt in der Ukraine nicht auch weitreichende Konsequenzen für die Weinwelt hat. Tatsächlich ist der Schaden bereits jetzt immens und dahingehend sind Chamberlains Worte mehr als zutreffend, dass es auch in der Weinwelt nur Verlierer gibt. Eine Analyse über den Preis des Krieges für den Weinsektor.

 

 

Nur Verlierer, Keine Gewinner

 

Die Kosten des Wahnsinns

Dieser Krieg verursacht so viel Traurigkeit. Da ist es sowohl praktisch als auch emotional schwierig, all den Geschichten zu folgen, die über die russische Invasion in der Ukraine zu hören oder lesen sind. Dennoch habe ich das Gefühl, dass persönliche Geschichten über den reinen Wahnsinn und die Tragödie dieses Krieges hinaus manchmal noch besser erklären, was dieser für die Ukraine und die Welt bedeutet. Letzte Woche zum Beispiel erzählte mir jemand von den Verantwortlichen des ukrainischen Agrarsektors, die einfach nicht wissen, was sie tun sollen, da die Menschen die Felder nicht bearbeiten oder keine Ernte einbringen können, weil sie in vielen Fällen Kriegsschauplätze sind und sich auf ihnen die Körper toter Soldaten und Zivilisten befinden. Und wenn das nicht reicht, kommt noch die Bedrohung durch Landminen hinzu, die jede Arbeit unmöglich machen. Der Schrecken, den dieses Bild vermittelt, wird durch die Erkenntnis verstärkt, was dies für die Menschen in der Ukraine bedeutet. Sie verlieren nicht nur ihre bepflanzten Felder; auch der Viehbestand ist bedroht wie  alles, was die Menschen in der Ukraine in der Vergangenheit aufgebaut haben und auf das sie sich in Zukunft verlassen wollten.

 

Meininger veröffentlichte kürzlich einen kurzen Artikel über die Sorgen der georgischen Weinproduzenten im Hinblick auf die aktuelle Situation, da Georgien durch die Ereignisse in seiner jüngeren Historie mit Angst auf das Treiben in seinen Nachbarländern schauen wird. Der eiegen Konflikt mit Russland im Jahr 2008 ist vielen noch frisch in Erinnerung, und so treibt sie die wahrscheinlich nicht vollkommen ungerechtfertigte Befürchtung um, dass sie die nächsten sein könnten, sollte Putin seine Ziele in der Ukraine erreichen. Als einer der ältesten Weinproduzenten der Welt sind die georgischen Exporte gerade von den beiden Ländern abhängig, die sich derzeit im Krieg befinden, da sie 70 % der Gesamtmenge ausmachen. Die 28 Millionen Flaschen, die im ersten Halbjahr 2021 nach Russland verkauft wurden, entsprechen fast 60 Prozent, sodass Georgien besonders von Ausfuhren nach Moskau und darüber hinaus abhängig ist, obwohl die militärische Bedrohung eine größere Sorge sein wird.

Die Republik Moldau befindet sich in einer ähnlichen Situation: auch wenn Moldawien ihr Heimat von lediglich 2,5 Millionen Einwohnern ist, exportierte das Land im Jahr 2019 Wein im Wert von $137 Million, was ist zum zwanzigst größten Weinexporteur der Welt macht. Die größten Exportmärkte des Landes? Weißrussland und Russland. Zusammen mit der Ukraine machen die drei Staaten 36 % des Gesamtexports aus. Die wirtschaftlichen Konsequenzen für das kleine Land sind schon jetzt enorm und werden nur durch die Sicherheitsbedenken übertroffen, sollte Russland seine Aufmerksamkeit auf die Territorien richten, die die Sowjetunion bereist 1940 annektiert hatte.

 

Moldova finds itself in equally troubled waters: though home to only 2.5 million people, it exported $137 million in wine in 2019, ranking it the 20th largest wine exporter in the world. Its biggest export markets? Belarus and Russia. Together with Ukraine, the three account for 36% of total exports and the economic consequences for the country will be enormous if not dwarfed by the threat to its security if Russia’s attention should turn to the territories the Soviets annexed in 1940.

Gestern las ich einen Artikel, der besagte, dass der Krieg in der Ukraine das russische Militär €20 Billion pro Tag kostet. Diese gigantische Zahl ist natürlich nur ein Teil des Gesamtschadens, den Russland aufgrund seiner Maßnahmen erleiden wird, da seine Wirtschaft aufgrund internationaler Sanktionen bereits kurz vor dem Zusammenbruch steht. Es stellt auch alle Zahlen in den Schatten, die wir oben gezeigt haben und weiter unten diskutieren werden, aber um die Kriegskosten für die Weinindustrie zu bestimmen, müssen wir sie ins rechte Licht rücken und dürfen uns nicht irreführen lassen, da die wirtschaftlichen Folgen für den Sektor an sich schon enorm sind.

Und wenn wir schon über Exportmärkte sprechen, müssen wir natürlich auch das Schicksal französische und italienische Produzenten betrachten. Zusammen mit Spanien machen diese drei Staaten 61 % des Wertes aller russischen Importe im Jahr 2019 aus. Leicht vergisst man den Verbrauch von auf wein basierenden Produkten in einem Land, welches im Jahr 2020 davon rund 11 Million Hektoliter konsumierte. Der größte Gewinner in Bezug auf diese Daten war übrigens die Republik Moldau, deren Weine mit 81 Prozent Importwachstum die höchste Steigerung im Vergleich zu alle anderen Herkünften verzeichneten, doch das liegt nun alles in der Vergangenheit.

 

Der ukrainische Weinsektor in Zahlen

 

Der wahre Verlierer ist aber auch hier offensichtlich die Ukraine. Wein mag vielleicht nicht das größte Exportelement des Landes sein – im Jahr 2019 exportierte es Wein im Wert von nur 5,75 Millionen US-Dollar und rangiert nur auf Platz 59 der größten Weinexporteure der Welt. Gleichzeitig und gemessen am Anteil an den Gesamtexporten war Wein im selben Jahr nur das 394. am meisten exportierte Produkt, was die limitierte Bedeutung für das Gesamtexportbudget des Landes unterstreicht. Die Ukraine hat jedoch eine lange Geschichte der Weinherstellung, die bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. zurückreicht. Im Laufe der Zeit schwankte die Weinbergsbepflanzung in der Ukrainemerklich, wobei der Oxford Companion of Wine 1913 noch 133.000 Acres feststellte, bevor die Reblaus und der Erste Weltkrieg die Bepflanzung nur sechs Jahre später auf nur 3.212 Acres reduziert hatten. Bis 1940 betrug die gesamte Rebfläche dann wieder 254.519 Acres, um nach dem Krieg auf 168.031 zurück zu gehen. Als die Krim 1954 an die Ukraine abgetreten wurde, standen schätzungsweise 988.421 acres unter Reben. Durch die Anti-Alkohol-Kampagne des ehemaligen russischen Premiers Michail Gorbechev wurden am Ende 533.000 acres Reben – oder 16 % der sowjetischen Reben von 1985 bis 1987 – vernichtet.

Eine wahre Achterbahnfahrt, und im Jahr 2019 war die Weinbergsfläche auf gerade einmal 41.800 Hektar geschrumpft, nachdem  sie noch mehr als 150.000 Hektar im Jahr 1995 und sogar 75.100 Hektar im Jahr 2013 betragen hatte. Während der Zeitraum zwischen 1995 und 2013 einen stetigen Rückgang von Jahr zu Jahr zeigte, war es aber die russische Invasion 2014 auf der Krim, der vormals wichtigsten Weinanbau- und -produktionsregion der Ukraine, die der Branche einen schweren Schlag versetzte, da das Land durch die Annexion mehr als die Hälfte seiner in Flaschen abgefüllten Weine sowie viele historische Weingüter verlor.

Heute produzieren mehr als 50 Weingüter im Westen der Ukraine in den Regionen Bessarabien, Transkarpatien und der Schwarzmeerregion etwa 130.000 Hektoliter pro Jahr aus 180 Rebsorten (die wichtigsten roten Rebsorten sind Bastardo Magarachsky, Cevat Kara, Kefesyia und Odessa Black, während bei den weiße Hauptrebsorten vor allem Telti Kuruk, Kokur Bely, Sary Pandas und Sukholimansky im Vordergrund stehen und alles durch die üblichen internationalen Rebsorten ergänzt wird).

Außerdem ist die Ukraine als Importmarkt nicht zu unterschätzen. In den letzten Jahren waren die Zahlen stetig gestiegen und OIV-Daten zeigen, dass das Land im Jahr 2019 Wein im Wert von 133 Millionen Dollar importierte undsomit  zum 34. größten Importeur weltweit wurde, wobei Italien (36,4 Millionen Dollar) vor Georgien (23,1 Millionen Dollar), Polen ( 14,5 Mio. USD), Spanien (11,3 Mio. USD) und Frankreich (9,34 Mio. USD) im Jahreswert die wichtigsten Ursprungsländer waren.

Auch das liegt nun natürlich alles in der Vergangenheit und nur die Zeit wird zeigen, ob das Land jemals wieder aufgebaut und auf das Vorkriegsniveau zurückkehren kann. Im Moment können wir aber nur hoffen, dass dieser schreckliche Krieg ein schnelles Ende findet, bevor noch mehr Schaden angerichtet wird.

 

 

Entschuldigung, dass ich diese Woche bei diesem noch schwierigen Thema auf weitere Nachrichten aus der Weinwelt verzichtet habe, aber auf einer Seite über die neueste geographische Herkunft in Land A oder die Produktionszahlen in Land B zu schreiben, schien mir nicht angebracht. Dennoch wie immer der Hinweise, dass ich mich trotz des aktuellen Klimas natürlich freue ich mich immer, von anderen interessanten Geschichten zu lesen, über Wein zu quatschen und zu hören, oder wer mein nächster Gast im Podcast sein sollte. Also einfach ein paar Zeilen schicken oder mich auf Twitterkontaktieren. Und wer gerne immer auf dem Laufenden bleiben möchte, sollte sich unbedingt für den JollyCellarMaster Newsletter anmelden.

 

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